»Kultur denken. Season 4 Episode 4: Alles bröckelt. Anna Soucek im Gespräch mit Thomas Macho

Shownotes

Inmitten einer kartonverkleideten Baustelleninstallation von Thomas Hirschhorn sprechen Kulturjournalistin Anna Soucek und Philosoph Thomas Macho über das Spannungsfeld von Ruinen, Gedenken und Katastrophentourismus. Ausgangspunkt ist das Symposium Scrambling Worlds am IFK Wien – thematisch kreisen ihre Reflexionen um Orte des Schreckens, des Verlusts und der Imagination.

Thomas Macho gibt Einblicke in den sogenannten Dark Tourism – das Reisen zu Orten historischer Katastrophen, von Tschernobyl bis zur Titanic, von Srebrenica bis zur Atacama-Wüste. Er verknüpft kulturhistorische Phänomene mit Reflexionen über Trauerarbeit, Erinnerungskultur und mediale Formen der Annäherung. Warum reisen Menschen zu Orten des Schreckens, wenn doch Bilder längst zugänglich sind? Und wie verhalten sich Gedenken und touristische Gier zueinander?

Ein besonderer Fokus liegt auf der Ambivalenz zwischen persönlicher Anteilnahme und medienvermittelter Distanz: Selfies in Gedenkstätten, Kunstprojekte mit Bewegungskameras an Suizidorten, aber auch architektonisch geschaffene Erinnerungsräume wie das Hiroshima Peace Memorial Museum werden diskutiert.

Thomas Macho schlägt dabei die Brücke von Karl Kraus’ Glossen zur Titanic bis zu zeitgenössischen Künstlerinnen wie Anna Jermolaewa, die Kriegsrealität und Tieraufnahmen im verseuchten Wald von Tschernobyl kontrastiert. Das Gespräch endet mit der Frage nach zukünftigen Gedenkarchitekturen und der Faszination von Ruinen – nicht als Überbleibsel, sondern als aktive Erinnerungsräume.

Ein Gespräch über das Bedürfnis, sich dem Abgrund zu nähern – nicht aus Sensationslust, sondern im Versuch, eine Form von Gegenwart im Angesicht der Geschichte zu gestalten.

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